Ettelsberg

Live aus dem Sauerland meldet sich mal wieder der abschweb.de Norddeutschland-Korrespondent. Obwohl, ist das Dreiländereck zwischen NRW, Niedersachsen und Hessen wirklich schon Norddeutschland? Für Moped-Werner aus Flensburg eher nicht. Auch nicht für die zahlreichen Niederländer, die hier das Gebirge und Skiurlaub oder Sommerfrische suchen.
Der Verein SauerlandAir, ein Fusionsprodukt aus drei regionalen Vereinen, unterhält hier einige tiptop gepflegte Fluggelände, die mit Höhenunterschieden von fast 300 m mit dem Allgäu schon mithalten können. Auch was die Häufigkeit von Regentagen angeht, übrigens.
Beim heutigen schwächlichen Nordwind reise ich durch staubedingten Bodennebel an den Ettelsberg bei Willingen und sehe dort den ersten Strahl Sonne des Tages. Dieser Flugberg hat sogar eine Seilbahn. Lande- und Parkplatz liegen direkt neben der Talstation. Es könnte alles so schön sein. Auf der Skizze im Skiatlas sieht der Skihang auch gigantisch aus.
An der Seilbahn bekomme ich direkt mit hintergründigem Grinsen eröffnet, dass in Zukunft mit der neuen Kabinenbahn keine Drachen mehr transportiert werden würden. Ich fange eine Diskussion an. Auch mit einer Kabinenbahn könne ein Transportgehänge für Drachen mitlaufen oder einige alte Sessel könnten aufbewahrt werden. Nein, man wolle keine Drachen mehr hier.
Der Sauerländer sagtīs wie es ist. Er muß auch Klartext einstecken: Ich knalle dem Seilbahn-Mitarbeiter an den Kopf, mit seinen fülligen Körpermaßen, sei er nur zu fett und faul beim Verladen zu helfen ...
Dummheit und Faulheit treffe ich hier gepaart an. So was treibt mich unter die Decke. Womöglich haben aber auch die hiesigen Fluglehrer schon ganze Arbeit geleistet. Die betreiben alle nur noch halbe Flugschu- len. Drachenfliegen kann man bei denen nicht lernen, nur Gleitschirme kaufen. Das ignoriert völlig, dass der hiesige Verein SauerlandAir e.V. immer noch eine qualifizierte und engagierte Minderheit Drachenflieger hat.
Die Triade "Berg mit Seilbahn, Monument und Gewässer" stellt sich hier auch dar. Stauseen zum Baden gibt es mehrere. Das "Monument", das ich vor die Linse bekommen will, ist das Gasthaus Sauerlandstern, wegen seiner Architektur so genannt. Auch hier kommt es, den Gerüchten nach, zu illegitimen Paarungen, wenn Kegelclub und Häkelkränzchen hier die Clubkasse verjubeln. Mindestens reicht das Angebot an oralem Alkohol aus, um die Flugtauglichkeit der Piloten in Kürze zu ertränken.
Halligalli ist heute sowieso. Ein Fahrrad-Downhill Rennen zieht Gladiatoren und Zuschauer massenhaft an. Der Fahrradtransport ist übrigens kein Problem ...
Erst oben stelle ich fest, dass es hier nur 200m Höhe vom Start bis zur Landung sind. Von der Bergstation zum Startplatz ist es fast so weit zu laufen, wie von der Landewiese rauf. Die liegt immerhin im Gleitwinkel und ist schön groß und eben.
Im Gleitwinkel des sehr flachen Startplatzes sind dafür einige gut gewachsene Bäume. Geduldig schaue ich mir an, wie die netten Parafliegerfreunde, von denen etliche hier sind, sich hier rauszirkeln. Ungewöhnlich, heute wird auf stärkeren Wind gewartet.
Da mache ich mit. Irgendwann bekomme ich meine Phase. Mit tüchtig Rennen und mal kurz Drücken komme ich vom Boden weg und knapp über die Bäume. Der Slalom zwischen durch bleibt mir erspart. Ein bisschen trägt es sogar. Ein Schirm kann sich knapp über Starthöhe halten. Ich drücke auf den Auslöser der Kamera, so oft es geht. Den Sauerland-Stern habe ich eingefangen – sportliches Ziel erreicht.
WinDfried (Sonntag 3.6.2007)