Werbung wirkt doch!

„Keine Werbung, für nichts und niemand!“ war bisher immer meine Devise. Darum fliege ich am liebsten Drachensegel, auf denen nicht einmal der Hersteller-Name geschrieben steht. Einmal habe ich von einem Drachen eine Werbe- Aufschrift runter gerissen. An den Klebstoffresten blieb dann so viel Staub hängen, dass die Reklame doch wieder lesbar wurde. Andere Freiflieger bappen Werbeaufschriften für unbekannte Unternehmen, zweifelhafte Produkte oder große Klauentiere auf ihre Segel und bekommen dafür vielleicht ein Almosen vom beworbenen Unternehmen. Nicht mein Ding. Und der Hersteller steht dezent auf der TypPlakette im Segel nachzulesen.
Langsam aber unaufhaltsam blättert aber von meinem gelben Nasensporn-Drachen Zephir CX, der mir so viel Spaß macht, dass er in meiner Flug-Statistik den Funfex von ersten Platz verdrängt hat, schichtweise das Segel ab. Zeit für Ersatz. Seit Monaten stehen zwei schöne Nasenbären im Gebrauchtmarkt. Allerdings in der Nähe von Wien, also sehr weit zu fahren. Ich kann die Verkäufer zu einem günstigen Preis für den Doppelpack überreden und fahre hin. Ich bekomme nicht nur zwei schöne, wenig geflogene Drachen, sondern auch den besten Kaffee meines Lebens und die freundliche Botschaft, man sei erleichtert, dass die beiden Nasenbären in kundige Hände gehen würden. Eine sehr lobenswerte Haltung.
Die Rückreise lege ich durch das Ennstal, wo ich ein paar schöne Herbstflüge zum Testen und Kennenlernen der neuen Mitglieder meiner Schwadron bekomme.
Gedacht war der eine als neuer Lieblingsflügel, geplant baldiger Check beim Hersteller. Der andere mit einer Werbeaufschrift einer österreichischen KeksBäckerei ist in unglücklichem technischen Zustand und war eher gedacht als Ersatztteil-Spender. Dafür ist mir dann aber das blitzblanke Segel zu schade. Mit vorhandenen Teilen eines früheren Gerätes rüste ich den Flügel auf meine Ansprüche an Stabilität um. Damit fliegt er sehr nett und ich bekomme einige erheiternde Herbstflüge. Bis es eines Nachmittags beim Landestoß „Crack!“ macht und eine Unterverspannung runter hängt. Das kaputte Gerät will ich nicht wieder nach Hause fahren. Entgegen meiner Planung lege ich es in der nahe gelegenen Werkstatt des Herstellers ab, mit dem Auftrag „Reparatur und Check“. Ich bekomme, wie schon öfters zuvor, einen perfekt reparierten Drachen zurück, der nach dem Check noch besser fliegt als vorher.
Aber ich fliege jetzt Werbung. Und ich bin nun im Besitz von drei baugleichen Drachen, davon zwei mit gültigem Check. Das ergibt keinen Sinn. Ich schreibe ihn im Gebrauchtmarkt aus. Und preise an, dass er ebenso süß und knusprig fliegt, wie das Produkt schmeckt, für das er wirbt.
Tatsächlich meldet sich neben den üblichen Quatschmachern ein ernsthaft interessierter Käufer. Bei ideal passenden Bedingungen schlägt er ein Treffen zum Probefliegen in Porta-Westfalica vor. Beim Probeflug verliebt er sich direkt in das Gerät und blättert mir ohne weiteres Feilschen den vereinbarten Preis auf die Kühlerhaube.
Mit einem anderen mitgebrachten Flügel bekomme auch ich einen erquicklichen Flug, so dass sich auch diese weite Reise doppelt gelohnt hat.
Und bei dem Vorrat an Süßigkeiten, auf die ich nach dem Fliegen immer so einen Heißhunger habe, sind jetzt auch österreichische Knusper-Waffeln dabei. Also diese Werbung hat bei mir gewirkt.
WinDfried (Sonntag 14. Dezember 2014)