Meli im Schneekleid

Ein blauer Montag noch, dann geht das geregelte Arbeitsleben weiter. Der Jahresauftaktflug 2010 steht noch aus. Nicht für mich, aber wohl für meinen turmlosen Vertigo. Deutschland steht kurz unter dem Einfluss eines Zwischenhochs. Der Wind passt von der Richtung überall, von der Stärke nirgends. Es wehen kaum mehr als vier Knoten an allen Stationen 200 km rund um Mainz. Tendenz eher nördlich. Wenn schon Abgleiten, dann wenigstens hoch. Und da fällt mir der Melibokus mit seinen 400 m zum Landeplatz ein, obwohl er als reines Thermikfluggelände im Winter selten erste Wahl ist.
Sonnenschein, glitzernder Schnee und fette Wolken. Als ich ankomme, sieht es zumindest nach einem spektakulären Landschaftserlebnis aus. Die oberrheinische Tiefebene verziert mit Schnee. Das ist selten. Am Landeplatz zur vollen Stunde ist natürlich niemand. Auch keine Spuren im Schnee, von früheren Startern, als mir. Mein Auto misst -2°C. Also fahre ich halt rauf. Oben sind es dann minus sechs Grad. Ein viel versprechender Gradient sogar für Winterthermik?
Allerdings hängen alle Windanzeiger schlaff nach unten. Kein Lüftchen rührt sich. Meditativ schaue ich die Rampe hinunter in die berauschende Aussicht. Irgendwie sehen die Baumwipfel im Abflugweg heute noch näher aus, als beim letzten Mal. Mit leisen Zweifeln baue ich gemächlich auf. Eine große, schwarze Schneewolke nähert sich von Norden. Eingehängt stehe ich auf der Rampe und warte über eine halbe Stunde, bis sie die stehende Atmosphäre aufrührt. Dabei springt eine startbare Phase für mich heraus, bevor die Sonne ganz verschwindet.
Mit drei Schritten bin ich die Rampe herunter. Die eisige Winterluft trägt wie dicke Brotsuppe. Ich komme hoch über die Baumwipfel hinaus in den freien Luftraum. Ein paar Nullschieber finde ich rund um die Burg Alsbach und komme sogar zum knipsen.
Am Landeplatz streicht dann genug Wind rheinaufwärts für eine butterweiche Landung.
Kühle Extremitäten werden beim zügigen Fußmarsch hinauf zum Startplatz wieder warm. Auch da komme ich direkt an der Burg Alsbach vorbei und kann sie mir von unten und aus der Nähe genauer ansehen. Von dort führt ein Fußweg schnurgerade bis hinauf zum Parkplatz. Das macht mir diesen Flugberg wieder ein bisschen sympathischer.
WinDfried (Montag 4. Januar 2010)