Ohne Auto

Im Faden "Drachenfliegen ohne PKW" im Fliegerforum habe ich den Mund reichlich voll genommen. Der höchst polarisierende, aber nicht unsympathische Forumsteilnehmer "Said" macht es vor, an einem Berg, der früher zu meinen Hausbuckeln gehört hat. Er macht dabei fast alle denkbaren Anfängerfehler.
Ich breche auf, zu einem Selbstversuch. Schließlich ist derzeit Olympia, da liegt ein wenig zusätzlicher Sportsgeist in der Luft. Westwind und Rückseite spricht eindeutig für Serrig. Dort gibt es einen Bahnhof. Ich habe einen Kurzpackdrachen. Also ab in Bus und Eisenbahn.
Der Busfahrer grinst nur und öffnet mir freiwillig die hintere Tür. Auch beim Umstieg in die Bahn geht alles glatt. Froh, dass ich nicht selber fahren brauche, gondele ich unter einem Dutzend Startplätzen hindurch. Ich bestaune wie die Nahe vom soliden Fluss, zum Bach, zum dürren Rinnsal in tief verschneiten Wiesen schmilzt. Das Saartal dagegen ist zu meiner Überraschung schneefrei. Alle Fliegerkameraden, die ich angerufen habe, wollten sich nicht aufraffen. In Serrig bin ich der einzige, der aus dem Zug steigt. Der Fußweg-Planer in Google-Maps meint, die kürzeste Verbindung (4,5 km) zum Startplatz ginge über die Straße, obwohl ich von früheren Gelegenheiten sehr schöne Wanderwege kenne. Schicksalsergeben stapfe ich los, den Fexi auf den Schultern, weil ich keinen Kurzpacksack besitze.
Ich habe etwa den halben Weg hinter mir, da erbarmt sich ein vorbeifahrender Landwirt. Auf seinem Anhänger darf ich mein Paket abladen. Er kennt den Drachenflugbetrieb hier und hat schon öfter zugeschaut. Meinen herzlichen Dank.
Mit Frühgymnastik, aber nicht total erschöpft komme ich so am Startplatz an. Etliche andere Drachenflieger, sogar eine Flugschule, bauen schon auf. Ich gehe in die hinterste Ecke, um meine Bastelkiste zusammen zu stecken. Ein paar der Tipps vom Breitenberg mit Manni probiere ich aus und bin nach 45 min schon startfertig. Allmählich frischt auch der Wind auf, der eigentlich viel stärker angesagt war.
Als sich der erste Flugschüler über den Startplatz hocharbeiten kann, marschiere auch ich zur Rampe. Zwei alte Serrig-Piloten sind schneller als ich und zeigen mir, wo es hoch geht. Und das geht auch ganz mühelos. Gelegentlich darüber ziehende Wolken saugen zwischendurch bis an die Basis.
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Der Luftraum füllt
sich so
sehr, dass
es zwischendurch etwas enger hergeht.
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Dann nähert sich ein Schneeschauer und etliche gehen landen. Ich wollte zum Bahnhof runter fliegen. Aber bei den Turbulenzen komme ich dort nicht hin. Also kämpfe ich ums Obenbleiben.
Ich kann mein Glück kaum fassen, als die Sonne wieder raus kommt.
Die Serriger Landewiese ist mal wieder voller Pfützen.
Andere machen es vor, ich folge und lande hinter der Kante auf einer Hangwiese an der Straße. So bleibt genug Zeit und Platz, die Bastelkiste auch wieder kurz zu packen. Klaus, der kurz entschlossen doch noch gekommen und als letzter gestartet ist, konnte auch weit mehr als eine Stunde fliegen. Er bringt mich zum Bahnhof. Vielen Dank.
Mein Fazit: Es geht ohne Auto. Die weite Fahrerei ist mit der Bahn viel angenehmer, als wenn man selber hinterm Lenkrad sitzen muss. Die Fahrt mit Öffis hat etwa doppelt so lange gedauert, wie mit dem eigenen Fahrzeug. Aber der ganze Tag geht sowieso drauf, wenn ich zum Fliegen aufbreche. Das Geld für Fahrkarten hätte ich auch an Benzin verfahren. Bleibt nur das Problem der letzten Meile – die Schlepperei.
Da nehme ich beim nächsten Mahl wohl doch lieber den Gleitschirm.
WinDfried (Samstag 20. Februar 2010)