Burg Queribus

Im französischen Languedoc herrschen zwei Hauptwindrichtungen: Nordwest und Südost. Hier zwischen dem Nordrand der Pyrenäen und dem Südzipfel des Massif central kommt der Wind entweder vom Atlantik oder vom Mittelmeer. Unser Gastgeber sagt mir, so stramm wie heute sei der Wind in dieser Gegend über 2/3 des Jahres. Wir beobachten tagelang spektakuläre Lentikularis-Wolken in allen Farben und Etagen.
Nun, unsere Reise hierher hatte in erster Linie Burgen, Kultur und Kulinarisches zum Ziel. Aber ein Drachen liegt auch auf dem Autodach, und der will mal wieder gelüftet werden. Für heute Nachmittag ist Abschwächung und Umkehr der Windrichtung angesagt. Das passt gut. Wir besichtigen zuerst die gigantische Burganlage Peyrepertuse und fahren dann die 10 km zurück vorbei am schönen Dorf Cucugnan zur Burg Queribus. Die hatten wir gestern schon erklommen und dabei auch einen versteckten aber gepflegten Gleitschirm-Startplatz entdeckt.
Der Wind ist immer noch frisch, aber nicht mehr so brutal, wie die vergangenen Tage. Ich baue auf. Vom Start bekomme ich leider keine Fotos, weil ich meine liebe Gefährtin als Starthelferin verschleißen muss. Immer noch gehen Böen durch, dass wir beide an der Unterverspannung hängen, um den Drachen zu bändigen. Wird es ruhiger, dreht der Wind auf unstartbaren Seitenwind. Fast eine Stunde stehe ich eingehängt herum, bis ich mir ein Herz fasse und startbare 10 Sekunden nutze. Im Dynamischen Hangaufwind dümpele ich fröhlich herum, mal über, mal unter Startplatzhöhe. Steffi B. schießt eine Serie gelungene Bilder. Danke!
Als es schwächer wird, bleibt mir nur, Richtung Talmitte an kleineren Buckeln zu suchen. Gerade rechtzeitig finde ich einen kräftigen Bart, der mich stark versetzend zurück über den Startplatz und hoch über die Burg trägt. Dort packe ich die Kamera aus und kann das ersehnte Foto „Katharer- Burg von oben“ schießen. Zum „heiligen Berg“ der Katalanen, dem Pic Canigou, über die Regionalhauptstadt Perpignan zum Mittelmeer, und über den Mont Tauch bis weit nach Norden reicht die farbenfrohe Aussicht.
Um Steffi nicht ewig warten zu lassen, versuche ich nun gegen den Wind zur in Sichtweite gelegenen Burg Peyrepertuse ab zu fliegen.
Der Bergrücken links ist nicht angeströmt, so versuche ich es erneut mit den kleinen Buckeln in Talmitte. Da bekomme ich auch noch mal einen Nullschieber, aber nichts mehr, was durchzieht. Immerhin stehe ich nach der Landung glücklich am Hangfuß unter unserer Burg von heute Morgen.
Die Landung war noch spannend, denn was aus der Luft aussah, wie eine ebene Wiese, erkenne ich erst im Endanflug als aufgelassenen Weingarten. Ein Anbindesystem ist nicht vorhanden. Aber die Stämmchen der Weinstöcke stehen versteckt im hohen Gras. Ich kneife die Hinterbacken zusammen und stoße den Funfex energisch aus, zu einer Landung ohne einen Schritt. Bevor ich fertig eingepackt habe, findet Steffi mich am Rand eines Feldweges. Vielen Dank für die Hilfe und den Fahrdienst! Diesen Abend spendiere ich Wein aus der Region zum Essen.
WinDfried (Montag 2. September 2013)