Unten bläst es auch schon recht knackig aus Nordost.
Am Buchenberg oben kommt der Wind von hinten aus dem Halblechtal. Ich hake die Fliegerei für heute ab.
Für diesen Fall habe ich mir überlegt, eventuell vom Tegelberg abzusteigen.
St. Coloman erstrahlt in neuem Glanz, soeben wird das Gerüst abgebaut.
Eigentlich würde ich viel lieber einen Traum verwirklichen: Endlich mal wieder auf den Säuling steigen! Aber der Höhenunterschied von 1250 m hat mich die letzten Jahre abgeschreckt. Heute habe ich keinen Termin. Ich fühle mich fit. Also gehe ich es an!
Vom Tegelberg-Parkplatz gehe ich durch die Pöllatschlucht.
Der Weiterweg zieht sich viel mehr, als ich es in Erinnerung hab, aber die liegt über 20 Jahre zurück. Auf dem Forstweg muss ich über einige frisch gefällte Bäume und umfangreiche Asthaufen steigen.
Bis zum Beginn des Klettersteiges mache ich gegenüber den Zeitangaben auf den Wegweisern (die Gesamtzeit käme auf 4 ¾ Stunden) eine knappe Stunde gut.
Aber in der Felsenregion sind Schneefelder eingelagert. Die zwingen zu recht abenteuerlichen Umgehungen. Ich treffe auf zwei junge Männer aus Kempten. Wir tun uns zusammen. Immer wieder ist die Wegführung zweifelhaft.
Aber wir kämpfen uns durch.
Ab der Gamswiese, dem auffälligen Gipfelhang, kann uns nichts mehr in die Quere kommen.
Die beiden teilen ihr Getränk mit mir. Ich hab ja nichts dabei.
Der weitere Aufstieg ist der reine Genuss.
Ich strebe sofort zum höchsten Punkt, dem etwas höheren Nordostgipfel, von dort rufe ich Gisela an, der ich erst jetzt verrate, auf welchem Gipfel ich gelandet bin. Es ist auch einer ihrer Traumberge, sie freut sich mit mir.
Der markierte Steig führt auf den Südwestgipfel, der vom Reuttener Talkessel aus dominierend wirkt.
Dort am Gipfelkreuz treffe ich die anderen beiden.
Keiner von uns hat Ambitionen, wieder in die Nordflanke zu kommen. Auch die Umrundung des Pilgerschrofens, die zweite Variante, um letztlich wieder nach Hohenschwangau zu gelangen, ziehen wir wegen der Schneefelder nicht in Betracht.
Bleibt nur der Abstieg über das Säulinghaus nach Pflach, die Route, auf der heute alle anderen Besteiger auf den Säuling gekommen sind.
Am Sattel machen wir nochmal Rast. Ich bekomme sogar zwei Pfirsiche.
Unten im Säulinghaus kann ich mich revanchieren. Da trinken wir einen.
Unten kurz vorm Tal haben wir Glück: Wir treffen zwei andere Bergwanderer, die ihr Auto unten stehen haben und bereit sind, uns auf die andere Seite des Berges zu bringen. Danke!