Madeira

Schon seit Jahren wünscht meine liebe Gefährtin sich, Madeira kennen zu lernen. Weil sie mir durch all die bewegten Zeiten trotz Jobwechseln und Drachenfliegen die Treue gehalten hat, hat sie sich das mehr als verdient. Und ich darf sogar einen Alu-Vogel mitnehmen.
Das auch als Blumeninsel bekannte Vulkaneiland liegt mitten im Atlantik nördlich der Kanaren und südlich der Azoren. Etwa halb so groß wie Mallorca hat es mit 1800 m erheblich höhere Berge zu bieten. Der Hauptkamm verläuft von Nordwest nach Südost und steht damit frontal im NO-Passatwind. Den zu Soaren wäre mein Wunschtraum gewesen, aber das Gebirge ist dafür wohl zu hoch. Während unseres Aufenthalts steht häufiger genügend Wind dafür an. Aber zugleich bildet sich auch Staubewölkung, die sicheres motorloses Fliegen auf Sicht zum nächsten Strand vereitelt.
Die afrikanische Sonne jedoch löst auf der Südseite knackige Leethermik aus, die „Fliegen im Windschatten“ erlaubt. Und natürlich ist - wie überall - auch hier jeden Tag anderes Wetter. Also auch mal Null-Wind ohne Passateinfluss. Die letzte Sturmflut trägt einen Strand ab und bringt eine Klippe zum Einsturz. An einer Seilbahn wird zwei Jahre herumrepariert. Lokale zeitnahe Kenntnis ist sehr wertvoll.
Hartmut P., ein residenter deutscher Gleitschirm-Pilot hat zusammen mit dem einheimischen Fliegerclub bei dem gemütlichen Städtchen Calheta ein Fliegerparadies geschaffen. Bei 400 m, bei 700 m und bei 1300 m über dem Meer steht eine sinnvolle Auswahl an leicht erreichbaren Startplätzen in drei verschiedenen Klimazonen bereit. So kann praktisch jeden Tag geflogen werden. Vielen herzlichen Dank für die Einweisung und etliche gute Tipps!
Ich finde vier Landeplätze, die ich mir zu treffen zutraue. Die liegen an leeren Stränden mit faust- bis kopfgroßen Kieselsteinen. Stehend Landen quer zum Wind und auf den Punkt sollte schon sitzen, denn Räder nützen hier fast gar nichts. Trotzdem habe ich sie dran und auch Knieschützer für den Fall des Einschepperns.
Jaime, ein einheimischer Gleitschirm-Pilot und früherer Drachen-Flieger sieht mich am 1300 m Startplatz aufbauen und macht sich Sorgen um mein Überleben. Er fragt mich auf akzentfreiem Englisch, wo ich zu landen vorhätte. Ich beschreibe ihm meinen Plan in Madalena do Mar am Strand zu landen und erwähne, dass mir das am Vortag auch schon geglückt sei. Er wünscht mir einen guten Flug und hilft seinen Fliegerkameraden mit ihren Gleitschirmen in die Luft.
An vier Flugtagen komme ich zu fünf spektakulären und völlig unterschiedlichen Flügen. Klippensprung, Riesenabgleiter, über Seewindsoaren, bis zum knackigen Thermikflug an sich aufbauenden Cumulanten ist alles dabei. Steffi fährt und schießt eine große Auswahl wunderbarer Fotos. Vielen Dank, meine Liebe!
Den Fexi bringe ich unbeschädigt wieder mit nach Hause. Nicht mal den Ersatzsteuerbügel habe ich verbraucht, zum Glück.
Zum Sightseeing, Wandern durch Blumenwälder und Hochgebirge und zum Entspannen am Strand und in den Naturschwimmbecken bleibt auch reichlich Zeit.
WinDfried (4. - 11. Oktober 2011)