Schraube locker?

Dieses Bild enthält mal wieder ein Quiz für die mehr technisch interessierten abschweb.de Leser, die die Drachenfliegerszene ja auch braucht:
Was sind das für Schnüre, die vom rechten Rad des abgebildeten Drachen aus unmotiviert im Schnee liegen (ja, es sind zwei)?
Abgebildet ist ein Fafnir von Bautek. Das ist ein 30 Jahre altes Notalgiestückchen in unglaublich gutem Erhaltungszustand. Ein Nasensporn-Einfachsegler, den Bernd W. ab und zu in den Starkwind schubst, wenn selbst ihm die Schirmfliegerei zu unheimlich erscheint.
Nach der langen Flaute gibt es heute endlich mal wieder Wind. Nordost, gut für den Donnersberg. Über den Unterschied „Deutschland am Südrand eines Hochs“ versus „D am Nordrand eines Tiefs“ habe ich mich hier schon mal geäußert. Heute ist das eindeutig. Das Typ Vb Tief mit dem schönen Namen „Daisy“ nähert sich von Süden. Die Medien überschlagen sich mit überzogenen Warnungen vor Schnee und Sturm.
Die Frage im Titel dieser Geschichte bekomme ich gestellt, als ich Bernd anrufe und nach seinen Flugplänen frage. Ich kann ihn dann aber doch motivieren, es mit Drachen am Donnersberg zu versuchen. Der Wind soll am Nachmittag in einer Steilkurve von weniger als 20 km/h auf 40 km/h zunehmen. Im Ruhigen starten, und die Brise abreiten, bis es zu wild wird, ist unsere Planung. Landeflächen gibt es rund um den D~Berg ja genug Auswahl.
Als wir ankommen sieht es noch ruhig aus. Nur die ortsfeste Dunstglocke über dem Berg spricht Bände.
Wir bauen nebeneinander auf. Als der Fafnir seine Flügel spreizt, höre ich ein leises „Zong“. Und Bernd schimpfen und fluchen. Seine rechte äußere Nasenverspannung und seine seitliche Unterverspannung haben sich verabschiedet. Die sind beide auf einer Schraube am Flügelrohr befestigt, und da fehlt die Schraubenmutter. Wir suchen im Schnee, in den Falten des Packsacks, in Bernds Auto: Nichts. Der arme Kerl muss einpacken und sieht das Positive: „Zum Glück ist das nicht in der Luft passiert.“
So komme ich doch wieder in die Rolle des Erststarters. Für die anwesende Starthilfe bin ich dankbar. Die gelegentlichen Böen haben inzwischen an Heftigkeit schon zugelegt. Eine ruhige Phase bringt mich raus zu einem wilden Ritt. Wegen einer Seitenwindkomponente von Nord trägt der Hang nicht gescheit. Mit 5 m/s geht es hoch, aber auch mit 12 m/s runter, so die gespeicherten Werte meines Varios. Dabei fliege ich Steuerbügel nähe Gürtelschnalle und komme doch nur im Schneckentempo vorwärts. Unter mir schwanken Bäume. Der Schnee wirbelt in Fahnen aus den Wipfeln. Hundert Meter über Starthöhe könnte ich beliebig lange herumkämpfen. Aber nach einer guten Viertelstunde wandelt mich leichter Brechreiz an.
Mir kommt der Gedanke, dass ich wohl auch zur „dumbass fraction“ unter den Drachenfliegern gehöre, die der kalifornische Fluglehrer und Forumsuser Noman so markant beschreibt.
Also fliege ich über das verschneite Dannenfels hinweg zur Flugschul-Landewiese und kämpfe mich da irgendwie runter zur Landung. Immerhin wartet da schon mein Auto. Und ein Bernd, der einen Grund mehr hat, sich nicht über seine verlorene Schraube zu ärgern.
Auf der Heimfahrt versucht Daisy noch mehrfach meinen Drachen vom Autodach zu reißen.
WinDfried (Freitag 8. Januar 2010)