Rückseite in Serrig

Das erste Herbst-Sturmtief hat am Donnerstag und Freitag die wurmigen Äpfel von den Bäumen geschüttelt. Davon ist heute knackiges Rückseitenwetter übrig. "Verschauert und verblasen" schreibt Lucian, WinDfried meint "Drachenwetter". Ich will mir endlich mal wieder gescheites Fliegen gönnen und fahre nach Serrig. Vom dortigen "Local Hero" Sascha N. höre ich am Telefon, dass er auch schon seinen Flügel aufs Auto packt.
Ich treffe als erster ein, er wenig später. Nach dem Aufbauen stehe ich auf der Rampe. Dort pienze ich über 20 min herum, weil der Wind so unangenehm turbulent daherkommt, dass ich kaum den Drachen ausbalancieren kann. Und das ist mit dem schweren Vertigo eigentlich kein Ding der Unmöglichkeit. Irgendwann bekomme ich doch meine ruhige Phase und fliege sofort in knackiges Steigen. Es dauert nicht lange bis ich die Wolken bei etwa 1000 m Meereshöhe erreicht habe. Da kann ich dann den ganzen Kessel über der Saarschleife ausfliegen und komme immer wieder über Startplatzhöhe zurück.
Sich ewig weit nach hinten versetzen lassen, wie man es bei vielen Stamm-Fliegern hier sehen kann, ist heute ganz unnötig. Da kommen die endlosen Wälder des Hunsrück und die fürchte ich. Sascha sehe ich auch lange auf der Rampe stehen. Zum Glück sind weitere Piloten eingetroffen, die ihm kundige Starthilfe leisten können. Von oben knipse ich eine Serie seines Starts.
Die ruhige Phase, die er nimmt, ist der Windschatten der Thermiksäule, in der ich über ihm kreise. Zu ruhig, die ersten 50 m schrubbt er entlang der Gelände-Kontur die Felsen unter der Rampe hinunter. Dann kreist er ein und steigt rasch und komplikationslos zu mir auf. Seine Investition in den schönsten Flügel, den es derzeit für Geld zu kaufen gibt, hat sich offensichtlich gelohnt.
Mit etlichen weiteren Drachen bevölkern wir den weiten Luftraum, bis sich zu den Schauern hinter uns einer von vorne nähert. Ich steche zügig zum Landeplatz herunter, durch eine bekannte Leezone zwecks Höhenabbau. Bei der Landung bin ich vom auch im Tal kräftigen Wind überrascht und komme zu kurz. Dabei hätte ich es wissen können. Die beiden vor mir sind auch einen Acker zu früh runter gekommen. Nicht so schlimm, der ist auch abgeerntet.
Bevor wir die Drachen ganz verpackt haben, erreicht uns die Schauer und saut alles ein. So fuchsig wie über den nassen Z9 habe ich den sanften Sascha vorher noch nie erlebt. Dabei ist morgen Sonntag. Da können wir Trockenfliegen. Und das ist bekanntlich besser als trocken trinken.
WinDfried (Samstag 5. September 2009)