Speikboden

Im Thermikparadies Ahrntal bei Sand im Taufers in Sichtweite des Alpenhauptkamms wollte ich schon lange mal Fliegen. Mal wieder treffe ich auf eine Seilbahn mit irregeleitetem Management. Drachentransport ist nicht vorgesehen. „Nur Gleitschirm“ bekomme ich an der Kasse zu hören. Ich sage o.k. und packe in deren Mittagspause den Funfex auf 2 m. In die 8-Personen-Gondeln passt er so mühelos hinein.
Dann kaufe ich ein Gleitschirmflieger-Ticket und bin überrascht, dass das viel weniger kostet, als der angeschriebene Preis von 18 € für eine einfache Bergfahrt.
Dann noch eine Überraschung. Von der Gondel ist es ein guter halber Kilometer Fußmarsch bis zum Sessellift, der die letzten 400 m zum Vorgipfel überwindet. Zum Glück habe ich das Drachenwandern im Vorfrühling schon trainiert.
Oben angekommen will ich schon zum Gleitschirm-Startplatz wandern.
Da sehe ich eine perfekte gemauerte Drachenrampe. Na dann starte ich halt hier.
Während ich die Kiste zusammenbastele, werden die Zuschauer um mich herum immer mehr. Besonders begeistert von dem bunten Vogel sind die kleinen Italienerinnen.
Am Start kommt der Wind bei mir nicht an, obwohl der Windsack am Gleitschirmstart waagerecht steht. Dann wird der plötzlich schlapp. Und bei mir fangen die zahlreich verteilten Flatterbänder an, sich zu regen. Ich haue mich raus und fliege direkt vor der Rampe in einen satten 3 m Bart ein. Während ich aufkreise schaue ich von oben in offene Münder der Zuschauer. Die haben nun die richtige Vorstellung vom Drachenfliegen.
Gegen den Wind gleite ich zum Speikboden-Gipfel und finde dort die nächste Thermik, die mich bis an die Wolke bringt. Noch weiter im Westen über dem Neves-Stausee finde ich so fette Thermik, dass es mich auf 3800 m MSL hoch beamt. Ich bin über der Basis der Wolken über den Nachbarbergen. Über den Alpenhauptkamm kann ich nach Hintertux Richtung Österreich schauen. Frischer Schnee verschönert die Gipfelregionen der Dreitausender. Allerdings ist es hier auch heftig turbulent. Mehrfach entlastet meine Unterverspannung mit lautem „Zong“.
Also fliege ich nach Süden weg über das Mühlenwalder Tal. An die Wolkenstraße über der nächsten Bergkette schwebe ich von oben heran. Dort krepele ich dann wegen großflächiger Abschattungen nur noch in Nullschiebern zurück zum Taufers-Tal und lande zufrieden auf einer frisch gemähten Wiese.
Ein einheimischer Student nimmt mich Tramper mit in seinem Klapperautochen, und bringt mich bis zur Talstation zurück. Vielen Dank!
WinDfried (Montag 6. September 2010)