Santa Maria Maggiore

Auf Karnevalsflucht zieht es uns in den Alpenraum. Schnee zu Skifahren gibt es dieses Jahr überall reichlich. Leider liegen mal wieder das Allgäu und die anderen deutschsprachigen Alpen im anhaltenden Nordstau.
Der DHV-Wetterfrosch verkündet erste Thermik auf der Alpensüdseite. Damit löst er einen Massenaufmarsch von hunderten deutscher Gleitschirmflieger in Bassano aus. Trotz Nordföhn und Kaltfrontdurchgang wird dort fleißig winterklammes Tuch gelüftet. Einzig Wolfgang A., eifriger Teilnehmer im DHV-Forum ist luzide genug, die Wetterkarten richtig zu verstehen. Seine Quintessenz "Weiter westlich sieht es besser aus" verhallt ungehört.
Ich hatte im Sommer auf der Durchreise schon mal ein schnelles Flüglein im Vigezzo-Tal hoch über dem schönen Lago Maggiore ausprobiert. Die Fahrt dahin ist geringfügig weiter, als ins Allgäu, aber weniger Chaosmeilen liegen am Weg. Die Seilbahn läuft nicht nach Fahrplan, wie im Sommer, sondern dank Skibetrieb durchgängig. So kann ich meinen Schatz zum Mitkommen motivieren. Zusammen erkunden wir auf Skiern das idyllische, weitläufige Gelände im strahlenden Sonnenschein.
Der Südost-Start von der Mittelstation bietet schon die gleiche Höhe zum Abfliegen, wie am Tegelberg. Der Landeplatz ist auf der anderen Seite der Ortschaft, dafür schön groß. Die herumstehenden Hindernisse, wie Zaunpfähle, Wasser-Gräben und Felsblöcke sind unter 2m Schnee vergraben.
Hier im Lande des besten Drachenbauers der Welt läuft selbstverständlich in der Minigondelbahn eine Transportgondel mit, ohne langes Betteln.
Der obere Startplatz auf der Cima trubbio ist mit dem anschließenden Sessellift zugänglich. Als ich anfrage, ob man mich mit Drachen hoch fahren würde, sehe ich fröhliche Gesichter und verstehe "aber gerne".
Vom Gipfel der Cima trubbio ist schon der Abgleiter mit 1300 m über die idyllischen Berge und das von reichen Italienern mit hübschen Wochenendhäuschen zersiedelte Tal spektakulär.
Morgens ist der Nordwind noch unübersehbar. Von Föhnsturm jedoch keine Spur. Wie der Monte Grappa angeblich von 3000ern abgeschirmt wird, so funktioniert das mit dem 4500 m hohen Berner Oberland auch hier.
Nachmittags habe ich die Ski gegen den Drachen eingetauscht. Einzelne thermische Ablösungen kommen den Berg hinauf gerollt. Aufbauen kann ich oberhalb von Skilift und Piste auf gewalztem Schnee. Zum Starten mache ich die Schildkröte und gehe fertig eingehängt etliche Meter hinunter an den Rand der 200 m breiten Piste. Eigentlich will ich den Skibetrieb möglichst wenig stören. Darauf, dass die Startrichtung frei von Skifahrern wird, brauche ich nicht lange zu warten. Sie stehen in Scharen hinter mir, und wollen den Start sehen.
Beim ersten Null-Wind von vorne, bin ich weg. Ich fliege direkt weg vom Berg und merke die rückwärtige Strömung am vermehrten Sinken und am leeigen Gefühl. Ein italienischer Gleitschirm-Pilot hatte mich gewarnt. Fliegen bei Nordföhn ist hier eigentlich tabu.
Dafür finde ich über der Mittelstation schöne ruhige Thermik, die mich zuverlässig wieder auf Starthöhe hinauf hievt. Das geht so zuverlässig, dass ich den stärkeren Hausbart eine Hügelkuppe weiter westlich erst später entdecke. Bei 400 m über Start wird es jedes Mal turbulent. Da zerbläst der Nordwind dann die Thermiksäule. Das war vorher schon an den zerrissenen Wolken zu erkennen.
Auch von dieser Höhe reicht die Aussicht östlich bis zum Lago Maggiore bei Locarno und westlich hinunter ins Toce-Tal und auf das Monte Rosa Massiv.
Im Norden ragt ein markanter Gipfel aus dem Panorama. Ich nehme ein Foto auf, weil ich ihn für das Matterhorn halte. Erst später auf der Landkarte erweist er sich als das schaurig schöne Finsteraarhorn.
Eine Stunde sanfte Herbstthermik im Frühling kurbeln mit anschließend weicher Landung im Schnee und italienischem Essen macht Anfahrt und Kosten schon bezahlt. Dank an Steffi für die zuverlässige Begleitung!
WinDfried (Samstag 21. Februar 2009)